Terra Preta - Das schwarze Gold des Amazonas
Ein Film von Peter Adler
Kamera: Nikolaus Tarouquella • Ton: Paolo Roberto Munhoz
Schnitt: Bernhard Sehne • Sprecher: Till Hagen
Buch und Regie: Peter Adler • Redaktion: Achim Schöbel, Wolfgang Brinkschulte, Uta Cappel
Eine Produktion der reportage+dokumentation Peter Adler
Im Auftrag des MDR • In Zusammenarbeit mit ARTE
Erstausstrahlung 2005
War der Amazonas vor über 500 Jahren, vor der Ankunft der Europäer, Heimat hochentwickelter Kulturen? Seit einigen Jahren entdecken Forscher unter dem Regenwald Spuren einer untergegangenen Welt. Sie hinterließ nicht nur prachtvolle Keramiken, sondern auch Hinweise auf eine hochentwickelte Landwirtschaft. Noch heute ist die »Terra Preta«, der schwarze Boden der verschwundenen Indianer-Reiche einer der fruchtbarsten Böden der Erde. Wissenschaftler aus aller Welt versuchen, das Geheimnis seiner Entstehung zu entschlüsseln. Wenn dies gelingt, könnte der tropische Regenwald gerettet werden.
Bis vor kurzem galt die »grüne Hölle« am größten Flusssystem der Erde als urtümliche, seit Jahrtausenden scheinbar unberührte Landschaft. Eine lebensfeindliche Umwelt, scheinbar nur bewohnbar von steinzeitlichen »Naturvölkern«.
Die Aufzeichnungen der ersten Amazonas-Expedition im Jahre 1542 erzählen eine ganz andere Geschichte. Der Konquistador Francisco de Orellana fand auf seiner Odyssee durch das Amazonas-Becken zwar kein Gold, aber blühende Königreiche. Die Spanier berichteten von riesigen Siedlungen, von einer florierenden Landwirtschaft. Von Angriffen wehrhafter Kriegerinnen (sie sollten als »Amazonen« dem Fluss den Namen geben!). Orellana gilt bis heute als Fantast.
Nicht weit weg von Manaus, der Millionenmetropole am Amazonas, findet der brasilianische Archäologe Eduardo Neves Erstaunliches: Bergeweise kunstvolle Scherben, ganz offensichtlich Relikte einer frühen Zivilisation und denen der Inka wohl ebenbürtig. Und immer häufiger auch prachtvolle Gefäße, viele davon als Urnen verwendet. Eine Erinnerung an längst vergangene Städte und Reiche?
Diese Grabungsorte sind während der Dreharbeiten vom ARTE-Team zum Teil nur auf abenteuerlichen Wegen erreichbar. Doch Neves und sein amerikanischer Kollege Jim Petersen glauben, im Urwald auf die Reste großer Dörfer, ja Städte gestoßen zu sein. Einige könnten bis zu 400.000 Einwohner gehabt haben.
Archäologen, Anthropologen, Bodenkundler versuchen gemeinsam, ein Rätsel der Menschheit zu lösen. Und gerade durch die Koordination ihrer so unterschiedlichen Forschungsgebiete machen sie sensationelle Entdeckungen..
Wie so oft bei großen Entdeckungen stießen die Wissenschaftler hier zuerst auf längst Bekanntes. Einheimische Bauern schätzen und nutzen intensiv die sogenannte schwarze Erde - von ihnen »Terra preta do Indio« genannt. Ein fruchtbarer Boden, der sich fast überall wie kleine Inseln im Amazonasgebiet findet. Pflanzen wachsen, so berichten die Bauern, hier mindestens doppelt so schnell wie auf den hier sonst extrem unfruchtbaren Böden Amazoniens.
Der Österreicher Christoph Steiner untersucht dieses Phänomen vor Ort und versucht eine Formel zu finden, um das verschüttete Wissen der Ureinwohner den heutigen Bauern nutzbar zu machen. Denn überall dort, wo der Regenwald brandgerodet wird, ermöglicht die Asche nur kurzzeitig Ackerbau. Schnell ist der Boden ausgelaugt, die extrem teure Bewirtschaftung mit Kunstdüngern können sich die Farmer hier nicht leisten. Sie brennen stattdessen die Wälder nieder. Ein Teufelskreislauf.
Die Forschungen von Agrarwissenschaftlern und Bodenkundlern beweisen, dass Terra Preta von Menschenhand geschaffen wurde. Professor Bruno Glaser von der Universität von Bayreuth (Bayern) und seine Mitarbeiter finden in Bodenproben vor allem Holzkohle von Lagerfeuern und künstlichen Schwelbränden. Dazu menschliche und tierische Exkremente, Überreste von Speisen und Jagdausflügen. Der extrem hohe Anteil der Holzkohle verhindert, dass diese Nährstoffe vom Regen wieder ausgewaschen werden.
»Wir glauben inzwischen«, sagt Petersen, »dass diese Bewohner des Amazonasgebietes wahre Umweltmanager waren. Die Lebensbedingungen des Regenwaldes haben sie nicht gefesselt, sondern sie nutzten sie zu ihrem Vorteil«.
Die Frage ist: Wie haben die präkolumbianischen Amazonas-Völker Terra Preta entdeckt und erzeugt? Darum geht es beim »Terra Preta Nova«-Projekt, an dem die Wissenschaftler weltweit in ihren Labors und auf Versuchsfeldern experimentieren.
Ist die »Terra Preta« das eigentliche Gold von Eldorado - viel wertvoller für die Menschheit als das Gold, das die Spanier hier einst suchten? »Eine kombinierte Düngung mit Holzkohle, Biomasse und Kompost könnte aus eigentlich unfruchtbaren Böden blühende Landschaften machen«, meint Bodenkundler Glaser. Terra Preta könnte entscheidend zur wirtschaftlichen Entwicklung armer Regionen beitragen, durch die Bindung von Kohlenstoff den Treibhauseffekt verringern und die weitere Zerstörung der Regenwälder verhindern.